2012-10-23

Oktober

aus Wikipedia:
"Oktober ist der Monat für die Aussaat des Wintergetreides. Sie wird hier vom linken Ufer der Seine aus der Nachbarschaft des Hôtel de Nesle, der Stadtresidenz des Herzogs, dargestellt, ungefähr vom gleichen Standort wie in der Juni-Miniatur. Im Juni schauten die Brüder Limburg aber nach Osten, während der Blick diesmal nach Norden geht. Im Juni gaben sie die frühere Residenz der französischen Könige, das Palais de la Cité, wieder, während nun der Louvre zu sehen ist, der seit Philippe Auguste – König von 1180 bis 1223 – königliche Residenz war.
Vor uns ragt mächtig das imponierende Gebäude des Louvre in seiner Form zur Zeit Charles V. auf, der ein älterer Bruder des Herzogs von Berry war. Dank der Genauigkeit der Darstellung ist jedes Detail identifizierbar. Im Zentrum erhebt sich ein gewaltiger Turm, der von Philippe Auguste errichtete Donjon. Dieser Turm, allgemein Tour du Louvre genannt, war im Lauf der Zeit zum Symbol der königlichen Macht geworden. Von hier wurden Apanagen gewährt, hier wurde der Staatsschatz verwahrt. In dieser Darstellung verdeckt der Donjon den Nordwestturm, die Tour de la Fauconnerie, in der Charles V. die wertvollsten Manuskripte seiner Sammlung aufbewahrte. Dafür können wir andere Ecktürme identifizieren: rechts die Tour de la Taillerie, dann die Ostfassade, die im Zentrum von zwei Türmen geschützt wird, links daneben die Tour de la Grande Chapelle als Eckturm und anschließend die Südfassade, ebenfalls von Zwillingstürmen geschützt. Die Details sind dermaßen exakt wiedergegeben, dass Jahrhunderte nach der Zerstörung des Gebäudes in seiner damaligen Form ein Modell erstellt werden konnte, das weitgehend auf dieser Darstellung beruht.
Eine starke Mauer mit Türmen, Zinnen, Maschikulis und einem kleinen Tor schützt die Anlage zur Seine hin. Kleine Figuren spazieren den Quai entlang, von dem zum Fluss ein paar Stufen hinabführen, die zugleich als Bootsanlegestellen dienen. Die Kleidung der Flaneure vor dem Wall entspricht der städtischen Mode um die Mitte des 15. Jahrhunderts und ist sehr viel präziser datierbar als die lange Zeit nahezu unveränderte Tracht der Bauern. Nur eine einzige vergleichbare Figur findet sich auf diesen Monatsbildern: die Frau, die im September auf das Schloss zugeht.
Die Gestalten auf diesem Blatt werfen erstmalig – wenn auch nur vorsichtig angedeutet – Schatten (wie schon der alte Bauer im März). Es ist diese Andeutung, die zu den frühesten der abendländischen Kunstgeschichte gehört, die dem nach wie vor nicht sicher identifizierten Künstler die Bezeichnung „Meister der Schatten“ einbrachte.
Im Vordergrund streut auf den Feldern, die an das linke Ufer stoßen, ein Bauer in einer blauen Tunika Samen aus, die er in einem Beutel aus weißem Stoff bei sich trägt. Ein Sack mit Samenkörnern liegt auf dem Boden hinter seinem Rücken, wo auch schon Elstern und Krähen die frisch ausgestreuten Körner wieder aufpicken. Auf dem Feld dahinter soll eine Vogelscheuche in Gestalt eines Bogenschützen, umgeben von einem dünnen Netz, in dem Federn stecken, die Vögel davon abhalten, über die Aussaat herzufallen.
Links zieht ein Bauer auf einem Pferd eine Egge, mit einem großen Stein beschwert, damit sie tiefer in das Erdreich eindringt. Pferde im abgebildeten Tölt- oder Passgang (Zelter) wurden im Mittelalter zwar als ruhige Reitpferde speziell für Damen geschätzt, waren als Arbeitstiere jedoch eher ungebräuchlich, nicht zuletzt wegen ihres hohen Preises. Es könnte sich hier also abermals um ein Versatzstück aus der Welt des Adels in das bäuerliche Umfeld handeln. Insgesamt vermittelt die Szene im Schatten der königlichen Residenz ein anschauliches Bild vom Leben in der Mitte des 15. Jahrhunderts."

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