Am 27. Februar 2011 ist Necmettin Erbakan, ein türkischer Politiker, gestorben. Wir freuen uns, dass er endlich bei Gott ist. Schliesslich wollte er ja immer eine göttliche Anordnung...Ich frage mich, ob er auch dort so viel veranstalten wird wie hier:-)
Psychologisch gesehen hat er sich selbst und die Religion nie trennen können. Auch seine gesamte Persönlichkeit war undifferenziert gegenüber den vielen Realitaeten des Lebens... Man muss nur seine Bücher lesen, um seine undifferenzierte Weltansichten studieren zu können. Aber er hat viele Anhaenger gehabt und hat noch viele. Und die jetzige kleinbürgerliche 'Elite' des Landes geht auf ihn zurück. Soviel ich weiss, hat er Erdoğan geholfen hochzukommen. Dann sind sie andere Wege gegangen. Aber man kann schon sagen, dass der 'Hoca' seine grosse Rache an der türkischen Republik mit seinen Nachfolgeparteien geschaffen hat.
Psychologisch gesehen war er ein Fossil, aber das sind leider noch sehr viele in der Türkei. Überhaupt in Anatolien. Er war aus der Schwarzmeerküste, ein Provinzieller, der weit gebracht hat, der am liebsten alles: die Stadt, den bösen Westen, den bösen türkischen Staat in die Ruhe eines Dorfs züruckbringen würde...Wenn man seine Biographie studiert, dann versteht man, das dem Provinzjungen seine eigene Karriere zu viel war... Es war ihm alles zu viel: die Technik, die Moderne, der Westen, die Stadt und die unverdeckten Frauen... Das pseudo-religiös erzogene Kind in ihm hat nie nachgelassen.
Ich zitiere aus Wikipedia:
„Die Europäer glauben, dass die Muslime nur zum Geldverdienen nach Europa gekommen sind. Aber Allah hat einen anderen Plan.“[20]
Das war ein Satz von Erbakan, als ob er selber Allah waere... Der Satz ist mehr als peinlich.
Aber Erbakan hat nur etwas ausgesprochen, was die anderen hören wollten. Ich kenne diese Art von missionar Einstellung auch von unseren Gastarbeitern. Und mich ekelt diese Einstellung an. Missionare aller Art ekeln mich an. Überhaupt die kleinbürgerlichen, provinziellen, die eigentlich ohne Mission ihre eigene materielle Existenz nicht aushalten würden... Auch die Amerikaner, die glauben die Welt zu retten, in dem sie auf Moslemsjagd gehen, sind formalistisch gesehen, nicht viel anders.
Die meisten türkischen Gastarbeiter sind zu stolz, können ihre eigene Lage nicht akzeptieren... Sie haben leider kein Ich entwickelt das nicht von ihrer materiellen Existenz abhaengen würde... Insofern hat Marx vollkommen Recht gehabt, dass die materiellen Bedingungen das Bewusstsein der Menschen gestalten und nicht umgekehrt.
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Das sind leider nun Menschen, die die Welt religiös deuten wollen. Das sind leider zu viele auf der Welt... Auch Bush war nicht anders in seiner Irak Besetzung. Ich sehe in diesen Leuten psychologisch gesehen eine Art von unverarbeitetem Allmachtnarzissmus. Die türkischen Gastarbeiter in Europa sehen sich lieber als 'Helden' der Geschichte, als die mickrige Realitaet, dass sie wegen Armut ihr Land verlassen sollten. Das wollen sie auf gar keinen Fall akzeptieren. Wenn nötig, werden sie in der ersten Generation noch 'Arbeitgeber' um diesem persönlichen Dillemma zu entkommen.
Anatolien hat die Revolutionen und Reformen, die Europa durchgemacht hat, nicht mitgemacht. Die türkischen Gastarbeiter haben dank den Vorkaempfern des Sozialismus in Europa gewisse Rechte bekommen, die sie historisch gesehen nie verstehen und/oder deuten wollen...Ihre enge, nicht-materielle Welt besteht aus der Religion. Sie haben kein anderes, geistiges Repertoire, um die Welt zu deuten. İnsofern haben Leute wie Erbaken eine grosse Lücke gespürt und versucht diese Lücke zu füllen.
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